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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
20 Billiarden Ameisen leben auf der Welt
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 23. Sep 2022, 07:25
Mit ihrem charakteristischen Körperbau und ihren teils großen Staaten und Nestern gehören → Ameisen (Formicidae) zu den bekanntesten Insekten. Wie die Bienen (Apidae) zählen sie zur Ordnung der → Hautflügler (Hymenoptera). In Deutschland leben die meisten Ameisenarten in Wiesen, auf Ruderalflächen, in Heiden sowie in Wäldern und an Waldrändern. Grundsätzlich bilden sie Staaten, die bis zu 20 Millionen Individuen umfassen können.

Unsere bekanntesten Ameisen: Rote Waldameisen
(c) Ursula Spolders/NABU-naturgucker.de
(c) Ursula Spolders/NABU-naturgucker.de
Bei uns sind nach derzeitigem Kenntnisstand 116 verschiedene Arten etabliert.[1] Einerseits können ihre Kolonien langlebig sein und angesichts flexibler Ernährungsgewohnheiten auch kurzfristige Umweltschwankungen ausgleichen. Andererseits haben viele Arten besondere Ansprüche an ihre Lebensräume, die durch veränderte bzw. stärkere Landnutzung häufig nicht mehr erfüllt werden. Laut der Roten Liste sind 52 Prozent der bewerteten einheimischen 108 Arten in ihrem Bestand gefährdet. Nur 26 gelten als ungefährdet.

Braunschwarze Holzameise im Porträt
(c) Christian Stepf/NABU-naturgucker.de
(c) Christian Stepf/NABU-naturgucker.de
In den Ökosystemen haben Ameisen eine große Bedeutung, vor allem für den Nährstoffkreislauf, die Struktur und Fruchtbarkeit der Böden sowie die Verbreitung von Pflanzensamen. Bei bestimmten Pflanzen, bei uns vor allem Arten aus dem Wald, bilden die Samen und Früchte protein- und fettreiche Fraßkörperchen (Elaiosomen). Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Wald-Erdbeere (Fragaria vesca). Ameisen ernähren sich von den Elaiosomen und verschleppen dabei die Samen. Ameisenausbreitung bzw. Myrmekochorie wird diese Art der Samenverbreitung genannt.

Wegameise mit Blattläusen
(c) Gerwin Bärecke/NABU-naturgucker.de
(c) Gerwin Bärecke/NABU-naturgucker.de
Weltweit soll es mindestens 13.000 Ameisenarten geben. Wie hoch die Zahl der Individuen sein könnte, hat ein Team von Forschenden der Universitäten Würzburg und Hong Kong ermittelt.[2] Hierzu haben sie 489 Studien ausgewertet, die alle Kontinente und Lebensräume abdecken. In einer vorsichtigen Schätzung gehen sie von 20 Billiarden Ameisen auf der Erde aus - also eine 2 mit 16 Nullen! Die Biomasse der Ameisen übersteigt die der wildlebenden Vögel und wildlebenden Säugetiere und entspricht etwa 20 Prozent der menschlichen Biomasse.

Schwarze Wegameise mit Wanze als Beute
(c) Reinhard Naumann/NABU-naturgucker.de
(c) Reinhard Naumann/NABU-naturgucker.de
Ameisen leben in sämtlichen Klimazonen außerhalb der Polarregionen. In den Tropen erreichen sie ihre größte Dichte; ebenso sind Wälder und Trockengebiete vergleichsweise dicht besiedelt. Laut den Forschenden unterstreicht die Studie die zentrale Rolle der Ameisen in unseren Ökosystemen und zeigt gleichzeitig unsere Wissenslücken auf. Weitere Untersuchungen zur Häufigkeit der Tiere und ihren Reaktionen auf Umweltveränderungen sind notwendig.
[2] Patrick Schultheiss, Sabine S. Nooten, Runxi Wang, Mark K. L. Wong, François Brassard, Benoit Guénard: The abundance, biomass, and distribution of ants on Earth. PNAS Vol. 119, No. 40, September 19, 2022. DOI: → 10.1073/pnas.2201550119