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Vögel mit längerer Kindheit sind klüger

Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 9. Sep 2022, 07:25
Wie intelligent sind Tiere? Welche Tiere können Zusammenhänge erkennen und Probleme lösen? Zahlreiche Untersuchungen haben längst gezeigt, dass nicht nur Primaten aus Erfahrungen lernen und diese an den Nachwuchs bzw. in der Gruppe weitergeben. In ihrer langen Kindheit haben beispielsweise auch Elefanten und Delfine im Schutz der Familie Zeit zum Ausprobieren und Lernen. Mehrere Studien belegen diesen Zusammenhang von ausgedehnter Entwicklungszeit und Intelligenz ebenso bei Vögeln, insbesondere → Krähenverwandten (Corvidae) und → Papageien (Psittaciformes).
Unglückshäher, (c) Volker Siegel/NABU-naturgucker.de
Unglückshäher
(c) Volker Siegel/NABU-naturgucker.de
Im Vergleich zu anderen Sperlingsvögeln (Passeriformes) bleiben junge Krähen und Raben länger in der Familiengruppe, teils mehrere Jahre.[1] Bei den → Unglückshähern (Perisoreus infaustus) können es bis zu vier Jahre sein. Sie erkennen Feinde und gute Nahrungsmöglichkeiten umso besser, je mehr Zeit sie mit den Eltern verbracht haben. Zudem ist ihr eigener Fortpflanzungserfolg größer. → Geradschnabelkrähen (Corvus moneduloides), die für ihren Werkzeuggebrauch zum Angeln von Maden bekannt sind, benötigen gut ein Jahr für das Erlernen der Technik. Sie bleiben bis zu drei Jahre in der Gruppe.
Rabenkrähe füttert ihre Jungen, (c) Artur Segadlo/NABU-naturgucker.de
Rabenkrähe füttert ihre Jungen
(c) Artur Segadlo/NABU-naturgucker.de
Forschende des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena, der Universität Konstanz sowie aus dem Vereinigten Königreich schreiben der längeren Kindheit eine Schlüsselrolle für Lernfähigkeit und Intelligenz zu. Über Generationen hinweg entwickeln die länger im Familienverband lebenden Tiere größere Gehirne: Im Verhältnis zu ihrer Körpergröße ist es bei Krähenverwandten größer als bei anderen Sperlingsvögeln. Sie lernen ihr Leben lang dazu und können sich besser auf veränderte Umweltbedingungen einstellen.
Nasenkakadus, (c) Peter und Birgit Schaffner/NABU-naturgucker.de
Nasenkakadus
(c) Peter und Birgit Schaffner/NABU-naturgucker.de
Welche Merkmale im Gehirn für die Intelligenz entscheidend sind, hat ein internationales Team von Forschenden am Zentrum für ökologische Forschung in Katalonien bei 111 Vogelarten untersucht.[2] Innovationsbereitschaft und Intelligenz sind bei denjenigen Vögeln am höchsten, die besonders viele Neuronen im Pallium haben. In diesem Teil ihres Gehirns lösen Vögel komplexe Aufgaben. Abhängig ist die Anzahl der Neuronen sowohl von der absoluten als auch der relativen Größe des Gehirns. Sie geht außerdem einher mit einer längeren Entwicklungszeit der Vögel, bei denen sich das Gehirn auch nach dem Schlupf noch entwickelt. Bei Nesthockern ist das der Fall, bei Nestflüchtern nicht.
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[1] Uomini Natalie, Fairlie Joanna, Gray Russell D. and Griesser Michael. 2020. Extended parenting and the evolution of cognition. Phil. Trans. R. Soc. B 375: 20190495. DOI: → 10.1098/rstb.2019.0495
[2] Sol, D., Olkowicz, S., Sayol, F. et al. Neuron numbers link innovativeness with both absolute and relative brain size in birds. Nat Ecol Evol 6, 1381–1389 (2022). DOI: → 10.1038/s41559-022-01815-x

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