
Wissen
Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Seltene Waldrapp-Sichtung im Süden
Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 4. Mär 2022, 08:07
Ein fast ausgestorbener Vogel sorgte im Februar 2022 zunächst in Heilbronn, dann in Heidelberg für Starrummel: Ein → Waldrapp (Geronticus eremita) namens „Kassiopeia“ war zu Besuch und zog Ornis aus der Region in den Bann. Eine ganz besondere Beobachtung war es am 26. Februar für → Naturgucker Harald Bott: „Ich bin bis jetzt noch sprachlos. Ironie des Schicksals: Eigentlich hätte ich ab heute an einer Exkursion nach Marokko teilgenommen, die wegen der Corona-Pandemie leider abgesagt wurde. Sie stand unter dem Namen ‚Auf den Spuren des Waldrapps‘. Diese Vogelart war eine der ganz großen Zielarten der Exkursion!“

Waldrapp Kassiopeia am 26. Februar 2022 in Heidelberg
(c) Harald Bott/NABU-naturgucker.de
(c) Harald Bott/NABU-naturgucker.de
Erfahren hatte er von der äußerst seltenen Sichtung von befreundeten Vogelfans. Wer nicht auf diese Weise oder über Portale wie naturgucker.de von Kassiopeia gehört hatte, traute bei einer Beobachtung zunächst den eigenen Augen nicht. Ein Waldrapp, einfach so nach Regenwürmern stochernd auf einer Wiese nahe der Stadt? Gibt’s doch gar nicht! Der muss aus einem Tierpark entflogen sein.
Dank der eindeutigen Beringung und der zahlreichen Bilder war die Herkunft klar. Kassiopeia, geschlüpft 2021, gehört zu einer Freiflugkolonie des österreichischen Cumberland Wildparks in Grünau (Oberösterreich). An dieser Kolonie untersucht die Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien seit 1997 das Sozialverhalten der Waldrappe und sammelt Wissen für Wiederansiedlungsprojekte[1]. Derzeit rund 30 Tiere nutzen den Wildpark zum Brüten und Schlafen. Sie fliegen das ganze Jahr über frei und entfernen sich auch immer mal wieder für längere Zeit vom Park.
Dank der eindeutigen Beringung und der zahlreichen Bilder war die Herkunft klar. Kassiopeia, geschlüpft 2021, gehört zu einer Freiflugkolonie des österreichischen Cumberland Wildparks in Grünau (Oberösterreich). An dieser Kolonie untersucht die Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien seit 1997 das Sozialverhalten der Waldrappe und sammelt Wissen für Wiederansiedlungsprojekte[1]. Derzeit rund 30 Tiere nutzen den Wildpark zum Brüten und Schlafen. Sie fliegen das ganze Jahr über frei und entfernen sich auch immer mal wieder für längere Zeit vom Park.

Waldrapp Kassiopeia am 2. Februar 2022 in Heilbronn
(c) Christoph Armbruster/NABU-naturgucker.de
(c) Christoph Armbruster/NABU-naturgucker.de
Bis ins 17. Jahrhundert brütete die Vogelart aus der Familie der Ibisse in Mitteleuropa und in Ländern am Mittelmeer, wurde aber aufgrund seines als Delikatesse geltenden Fleisches ausgerottet. Nur eine Kolonie an der Atlantikküste in Marokko hat überlebt, außerdem eine halbwilde Kolonie in der Türkei. Der Waldrapp gehört zu den am stärksten bedrohten Vögeln weltweit. Als erster Zugvogel soll er in Europa wissenschaftlich fundiert und mit finanzieller Förderung auch von der Europäischen Union wieder angesiedelt werden.
Projektträger ist der österreichische Förderverein Waldrappteam[2], Beginn des LIFE+ Projekts der Europäischen Union war 2014. In einer vorangegangenen, zwölfjährigen Machbarkeitsstudie sind geeignete Lebensräume identifiziert worden, und es konnte eine erste ziehenden Brutgruppe angesiedelt werden. Für den dauerhaften Erfolg müssen die Tiere ein Zugverhalten lernen, das bei ihnen im Gegensatz zu anderen Arten nicht angeboren ist. Menschliche Zieheltern übernehmen daher die Rolle der Lehrenden. Im Herbst zeigen sie den handaufgezogenen Jungvögeln mit Ultraleichtflugzeugen den Weg über die Alpen ins Winterquartier in der Toskana. Zurück kehren die Vögel im Alter von 2 oder 3 Jahren selbstständig.
Projektträger ist der österreichische Förderverein Waldrappteam[2], Beginn des LIFE+ Projekts der Europäischen Union war 2014. In einer vorangegangenen, zwölfjährigen Machbarkeitsstudie sind geeignete Lebensräume identifiziert worden, und es konnte eine erste ziehenden Brutgruppe angesiedelt werden. Für den dauerhaften Erfolg müssen die Tiere ein Zugverhalten lernen, das bei ihnen im Gegensatz zu anderen Arten nicht angeboren ist. Menschliche Zieheltern übernehmen daher die Rolle der Lehrenden. Im Herbst zeigen sie den handaufgezogenen Jungvögeln mit Ultraleichtflugzeugen den Weg über die Alpen ins Winterquartier in der Toskana. Zurück kehren die Vögel im Alter von 2 oder 3 Jahren selbstständig.

Waldrapp mit Sender am 4. Mai 2021 in Baden-Württemberg
(c) Rainer Armbruster/NABU-naturgucker.de
(c) Rainer Armbruster/NABU-naturgucker.de
Begonnen wurde 2014 mit 23 Vögeln; inzwischen leben mehr als 150 Vögel in Brutkolonien in Überlingen (Baden-Württemberg), Burghausen (Bayern), Kuchl und Rosegg (Österreich). Waldrappe sind sehr gesellige Vögel und brüten nur in Kolonien. Erste natürlich aufgewachsene Vögel haben ihrem Nachwuchs bereits selbst das Wissen über den Weg ins Wintergebiet weitergegeben. Alle Tiere des Projekts tragen Sender, und ihre Bewegungen werden konstant verfolgt.
Mit der aktuellen Anzahl an Individuen ist die Waldrapp-Population in Europa noch nicht dauerhaft überlebensfähig. Weiteres Management und weitere Freilassungen von handaufgezogenen Vögeln sind notwendig, um eine Population von mindestens 314 Tieren zu erreichen. Dieses Ziel haben sich die Projektpartner bis 2027 gesetzt. Zudem sollen die Verluste durch illegale Jagd und Stromschlag reduziert werden. Parallel werden die Grundlagenforschung und die Untersuchung und Optimierung der Artenschutzmethoden fortgesetzt, die auch anderen Projekten zugutekommen.
Mit der aktuellen Anzahl an Individuen ist die Waldrapp-Population in Europa noch nicht dauerhaft überlebensfähig. Weiteres Management und weitere Freilassungen von handaufgezogenen Vögeln sind notwendig, um eine Population von mindestens 314 Tieren zu erreichen. Dieses Ziel haben sich die Projektpartner bis 2027 gesetzt. Zudem sollen die Verluste durch illegale Jagd und Stromschlag reduziert werden. Parallel werden die Grundlagenforschung und die Untersuchung und Optimierung der Artenschutzmethoden fortgesetzt, die auch anderen Projekten zugutekommen.

Waldrapp am 18. Juli 2018 im Brutgebiet Burghausen in Bayern
(c) Peter und Birgit Schaffner/NABU-naturgucker.de
(c) Peter und Birgit Schaffner/NABU-naturgucker.de