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Wie und wann Schutzwälder bei Lawinen wirken

Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 12. Dez 2025, 07:50
Lawinen sind ruckhaft und schnell niedergehende Schnee- und Eismassen an Hängen. Verschiedene Faktoren wie Neigung und Oberflächengestaltung des Hangs, Mächtigkeit, Zusammensetzung und Schichtung des Schnees sowie Temperatur beeinflussen ihre Entstehung. Siedlungen und Verkehrswege werden durch bauliche, planerische, waldbauliche und temporäre Maßnahmen vor Lawinen geschützt. Für das Leben in den Alpen sind diese unverzichtbar.
Stubaital, (c) Karl Heinz Römer/NABU-naturgucker.de
Stubaital
(c) Karl Heinz Römer/NABU-naturgucker.de
Laut dem schweizerischen WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF sind alle diese Ansätze wichtig und je nach Sicherheitsanforderungen und Wirtschaftlichkeit zu kombinieren. Wirkungsvoll und kostengünstig schützt Gebirgswald vor Lawinen und Steinschlag; er hat in der Fläche die größte Bedeutung. Rund die Hälfte aller Wälder in der Schweiz schützt Siedlungen und Infrastruktur vor diesen Naturgefahren. Baumkronen halten einen Teil des Schnees auf, und die Stämme stützen die Schneedecke ab. Zudem sind Temperaturen und Winde in Wäldern ausgeglichener als außerhalb. Durch Stürme, Waldbrände und Klimawandel kann die Schutzwirkung der Wälder abnehmen. In Einklang gebracht werden müssen außerdem die weiteren Leistungen und Nutzungen des Waldes wie der Erhalt der Biodiversität und die Rolle als Erholungsraum.[1]
Gewöhnliche Fichten im Allgäu, (c) Ludwig Holl/NABU-naturgucker.de
Gewöhnliche Fichten im Allgäu
(c) Ludwig Holl/NABU-naturgucker.de
Seit den 1950er-Jahren forscht das SLF in der Versuchsaufforstung am Stillberg bei Davos. 1975 sind an diesem Steilhang systematisch 92.000 junge Bäume gepflanzt worden. Ursprünglich ging es vor allem darum, das Wachstum von Bäumen an der Waldgrenze und den Lawinenschutz zu untersuchen; inzwischen erfolgen hier auch Experimente zu den Auswirkungen des Klimawandels.[2] Die Schutzfunktion der Wälder bei Lawinen wird am stärksten durch Walddichte, Baumhöhe, Baumarten und die Größe der Waldlücken beeinflusst. Am Stillberg stellten die Forschenden einen Rückgang der Lawinenaktivitäten mit der zunehmenden Höhe der Bäume fest, insbesondere nach dem Jahr 2000. Demnach sollte die effektive Baumhöhe das 1,5- bis 2-fache der Schneehöhe betragen. Unter bestimmten Bedingungen kam es in Schluchten mit spärlichem oder kleinerem Baumbestand weiterhin zu Lawinen. Mit Langzeitdaten zu Schneehöhe, Baumhöhe und Lawinenabgang trägt die Studie am Stillberg zum Verständnis des Auftretens von Lawinen in einer wachsenden Aufforstung bei. Die Aufforstung hat sich als langfristig wirksam erwiesen. Gefährdete Schluchten müssen zusätzlich durch temporäre Maßnahmen geschützt werden. Standortspezifische Schwachstellen müssen verstanden werden, um fundierte Waldbewirtschaftungsstrategien für eine wirksame Lawinenbekämpfung zu entwickeln.[3]

[3] Natalie Piazza, Alessandra Bottero, Johan Gaume, Giorgio Vacchiano, Marco Marcer, Peter Bebi, Growing trees decrease the frequency of avalanche release in an alpine afforestation in the Swiss Alps, Cold Regions Science and Technology, Volume 239, 2025, 104612, ISSN 0165-232X. DOI: → 10.1016/j.coldregions.2025.104612

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