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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Dreikantmuscheln auf dem Vormarsch
Siebert, Ina [Ina Siebert1], Schulemann-Maier, Gaby [Gaby Schulemann-Maier] - 26. Feb 2022, 08:05
Der Name „Quagga“ bezeichnet zwei Tiere, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Während das gleichnamige Zebra (Equus quagga quagga), eine Unterart des noch heute vorkommenden → Steppenzebras (Equus quagga), Ende des 19. Jahrhunderts vom Menschen ausgerottet worden ist, breitet sich die → Quagga-Muschel (Dreissena rostriformis bugensis) in Europa und Nordamerika aus, unterstützt auch vom Schiffsverkehr. Sie stammt aus dem Schwarzen Meer und gehört zur Familie der → Dreikantmuscheln (Dreissenidae).

Quagga-Muschel
(c) Ina Siebert/NABU-naturgucker.de
(c) Ina Siebert/NABU-naturgucker.de
Vor ihr kam bereits die Schwesterart der → Wander- oder Zebramuschel (Dreissena polymorpha) um 1900 nach Deutschland – als Rückkehrerin, denn bis zur letzten Eiszeit war sie auch in Mitteleuropa heimisch. In unseren Gewässern hat sie sich wieder etabliert und teils sehr stark vermehrt, da sie gegenüber den heimischen Muscheln besonders konkurrenzstark ist und diese zurückdrängt. Mit Haftfäden (Byssusfäden) dockt sie an harte Untergründe wie Steine, andere Muscheln, Stege oder Schiffsrümpfe an. In großen Muschelbänken lebt sie davon, Plankton zu filtrieren.

Wandermuscheln auf einer Malermuschel
(c) Chris Engelhardt/NABU-naturgucker.de
(c) Chris Engelhardt/NABU-naturgucker.de
Am Beispiel des → Bodensees sind die Auswirkungen ihrer dort seit den 1960er-Jahren intensiven Vermehrung gut untersucht. Überwinternde Tauchenten wie → Reiherente (Aythya fuligula) und → Tafelente (Aythya ferina) sowie → Blässhühner (Fulica atra) haben die Muscheln als ergiebige Nahrungsquelle entdeckt. Sie tauchen bis zu 12 Meter nach diesen Leckerbissen, die sie mit Schale verschlucken und verdauen. Pro Tag ernten sie rund ein Kilogramm Muscheln und dezimieren so die Vorkommen der Wandermuscheln im Winter zu über 90 Prozent. Seit dem Auftreten der Muschel haben sich die Zahlen der genannten Wintergäste vervielfacht. Im Sommer wachsen die Muscheln wieder nach.

Reiherente frisst eine Muschel
(c) Sonja Klein/NABU-naturgucker.de
(c) Sonja Klein/NABU-naturgucker.de
Seit 2007 folgt ihr nun die Quagga-Muschel nach Deutschland. Beide Arten haben eine dreieckige Schalenform, werden bis zu 40 Millimeter lang und sind nicht einfach zu unterscheiden. Folgende Merkmale können helfen: Eine kantigere Schale und gerade schließende Schalenhälften weisen auf die Wandermuschel hin, eine rundere Schale mit geschwungener Verschlusslinie auf die Quagga-Muschel. Letztere ist variabler gefärbt, und ihre Streifen können sehr unterschiedlich sein.
Bereits ab einer Wassertemperatur von 5 °C und damit ganzjährig kann sich die Quagga-Muschel fortpflanzen – und das in großer Zahl. Ein Weibchen gibt bis zu 1 Million Eier im Jahr ab. Im Vergleich zur Wandermuschel heftet sie sich auch an weiche Untergründe und dringt in größere Wassertiefen vor. Sie scheint damit konkurrenzstärker als ihre Schwesterart zu sein und diese zu verdrängen.
Bereits ab einer Wassertemperatur von 5 °C und damit ganzjährig kann sich die Quagga-Muschel fortpflanzen – und das in großer Zahl. Ein Weibchen gibt bis zu 1 Million Eier im Jahr ab. Im Vergleich zur Wandermuschel heftet sie sich auch an weiche Untergründe und dringt in größere Wassertiefen vor. Sie scheint damit konkurrenzstärker als ihre Schwesterart zu sein und diese zu verdrängen.

Quagga-Muschel am Bodensee
(c) Ina Siebert/NABU-naturgucker.de
(c) Ina Siebert/NABU-naturgucker.de
In den besiedelten Gewässern kann sie durch ihre hohe Filtrierleistung von bis zu einem Liter Wasser pro Tag und Muschel das vorkommende Plankton so sehr reduzieren, dass sich dies auf die gesamte Nahrungskette auswirkt. Zudem siedeln sich die Muscheln in technischen Anlagen und Leitungen beispielsweise für die Trinkwasserversorgung an und müssen hier aufwendig entfernt werden.
Inwiefern sie von Enten, Blässhühnern und Fischen als Nahrung angenommen wird, ist noch unklar. Für den Bodensee werden die Auswirkungen der Quagga-Muschel im Forschungsprojekt SeeWandel untersucht[1], in dem sieben Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten. Im Fokus des Projekts stehen der Einfluss von Nährstoffrückgang, Klimawandel, gebietsfremden Arten und anderen Stressfaktoren auf das Ökosystem Bodensee, seine Biodiversität und Funktionsweise sowie die menschliche Nutzung am See. Einig sind sich die Forschenden darüber, dass die Quagga-Muschel in unseren Gewässern bleiben wird.
Inwiefern sie von Enten, Blässhühnern und Fischen als Nahrung angenommen wird, ist noch unklar. Für den Bodensee werden die Auswirkungen der Quagga-Muschel im Forschungsprojekt SeeWandel untersucht[1], in dem sieben Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten. Im Fokus des Projekts stehen der Einfluss von Nährstoffrückgang, Klimawandel, gebietsfremden Arten und anderen Stressfaktoren auf das Ökosystem Bodensee, seine Biodiversität und Funktionsweise sowie die menschliche Nutzung am See. Einig sind sich die Forschenden darüber, dass die Quagga-Muschel in unseren Gewässern bleiben wird.

Quagga-Muschel (li) und Wandermuschel (re) im Vergleich
(c) Gerhard Eppler/NABU-naturgucker.de
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