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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Ameisen können Epidemien in der Kolonie auch baulich begrenzen
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 24. Okt 2025, 08:15
In fast allen Landökosystemen der Welt kommen → Ameisen (Formicidae) vor. Sie spielen eine essenzielle Rolle in den Ökosystemen: So entfernen sie Aas und tote Insekten und jagen andere Insekten sowie Spinnen. Beim Bau ihrer Nester, meist im Boden oder an der Bodenoberfläche, bewegen sie sehr viel Biomasse. Außerdem tragen sie zur Verbreitung von Pflanzen bei.

Mannshoher Ameisenbau in Dänemark
(c) Regine Schadach/NABU-naturgucker.de
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Ameisen überleben mit beeindruckenden Strategien und in ausgeklügelten Sozialsystemen, in denen jedes Individuum eine bestimmte Aufgabe erfüllt. In ihren Nestern legen sie verzweigte Gänge und Kammern an, in denen der Nachwuchs heranwächst oder in denen Vorräte eingebracht werden. Die wärmeliebenden → Waldameisen (Formica) reagieren mit der Höhe und Neigung des Nesthügels auf Temperatur und Sonneneinstrahlung. Je höher und größer der Hügel, desto mehr kann die Sonneneinstrahlung den Bau in kühleren Regionen oder an schattigen Standorten aufwärmen. Im Inneren werden Temperaturen von 20 bis 30°C erreicht. Wird es zu warm, öffnen die Ameisen den Bau, damit Luft entweichen kann. Im Frühjahr wärmen sie ihn auf, indem sie selbst ein Sonnenbad nehmen und die gespeicherte Wärme im Bau wieder abgeben.

Schwarze Wegameise
(c) Reinhard Naumann/NABU-naturgucker.de
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Sie können außerdem auf erkrankte Tiere in der Kolonie reagieren und den Bau so verändern, dass das Ansteckungsrisiko für gesunde Tiere und insbesondere den Nachwuchs reduziert wird. Forschende der University of Bristol haben dies in einem vergleichenden Versuch mit zwei Kolonien der → Schwarzen Wegameise (Lasius niger) gezeigt. Beide wurden um weitere Individuen ergänzt, wobei die Neuzugänge in einem Fall infektiöse Pilzsporen trugen. Daraufhin veränderten die Ameisen dieser Kolonie die Neststruktur, indem sie weiter voneinander entfernte Eingänge anlegten und die direkten Verbindungen zwischen den Kammern reduzierten. Insgesamt wurde das Nest komplexer und größer. Simulationen bestätigten, dass diese baulichen Veränderungen die Übertragung von Erregern reduzieren. Verstärkt wird der Effekt noch dadurch, dass sich erkrankte Ameisen selbst isolieren. Diese Ergebnisse liefern Hinweise auf eine architektonische Immunität bei einem sozialen Tier und bieten auch für uns Menschen Einblicke, wie die räumliche Organisation genutzt werden kann, um die Anfälligkeit für Epidemien zu verringern.[1]
[1] Luke Leckie et al., Architectural immunity: Ants alter their nest networks to prevent epidemics. Science 390, 266-271(2025). DOI: → 10.1126/science.ads5930