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Pflanzen in europäischen Wäldern wandern eher nach Westen

Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 16. Mai 2025, 08:40
Wälder sind nicht nur bedeutend als Lebensraum und für die Biodiversität, sondern sie spielen auch eine entscheidende Rolle im Klimaschutz, indem sie Kohlenstoffdioxid speichern und den Wasserhaushalt beeinflussen. Regional wirken sie auf die Umgebungstemperatur und die Sauberkeit der Luft. Doch sie sind auch besonders stark vom Klimawandel betroffen durch Trockenheit, Hitze, Unwetter und die steigende Gefahr von Waldbränden. Das gilt insbesondere für naturferne Forste mit geringer Artenvielfalt.
Eingangstor zum Nationalpark Białowieża, (c) Jürgen-Wolfgang Berg/NABU-naturgucker.de
Eingangstor zum Nationalpark Białowieża
(c) Jürgen-Wolfgang Berg/NABU-naturgucker.de
In der Europäischen Union sind 39 Prozent der Fläche mit Wald bedeckt. Diese 160 Millionen Hektar entsprechen 4 Prozent der weltweiten Waldfläche. Zwischen den Ländern variiert die Waldbedeckung zwischen knapp 10 Prozent in den Niederlanden und mehr als 60 Prozent in Finnland und Schweden. Deutschland liegt bei 32 Prozent. Überwiegend sind die europäischen Wälder vom Menschen beeinflusst; nur 4 Prozent hat er nicht mit seinem Handeln verändert. Doppelt so groß ist die Fläche von Plantagen.[1]
Lerchensporn im Auwald in Hessen, (c) Hans Schwarting/NABU-naturgucker.de
Lerchensporn im Auwald in Hessen
(c) Hans Schwarting/NABU-naturgucker.de
Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass Pflanzenarten mit dem Klimawandel nach Norden und damit in kühlere Regionen wandern. Eine Studie unter Leitung der Universität Gent hat nun die Rolle von Stickstoffeinträgen in den Fokus genommen – durch die die Pflanzen im Unterholz europäischer Wälder mit einer 2,6-mal höheren Wahrscheinlichkeit nach Westen als nach Norden wandern. Dazu haben die Forschenden Daten von fast 3.000 Vegetationsflächen in europäischen Wäldern der gemäßigten Zonen ausgewertet. Von 266 untersuchten Waldpflanzen verschoben sich 39 Prozent nach Westen, 15 Prozent nach Norden. Die Ost-West-Verschiebungen korrelierten mit der Stickstoffbelastung, die etwa durch Verkehr und Düngemittel verursacht wird. Stickstofftolerantere Pflanzen, vor allem aus Osteuropa, können sich dadurch rascher ausbreiten und spezialisiertere Pflanzen verdrängen. Arten, die in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet eine höhere Stickstoffbelastung erfuhren, starben häufiger aus und etablierten sich weniger in neuen Lebensräumen. Nicht nur der Klimawandel, sondern komplexe Wechselwirkungen zwischen mehreren Umweltveränderungen beeinflussen die Entwicklung der Biodiversität. Sie zu erkennen und zu verstehen ist essenziell, um die Biodiversität und das Funktionieren der Ökosysteme zu schützen.[2]

[2] Pieter Sanczuk et al. Unexpected westward range shifts in European forest plants link to nitrogen deposition. Science 386, 193-198 (2024). DOI: → 10.1126/science.ado0878

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