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Verbreitung von Netzflüglern in Deutschland kaum untersucht
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 2. Mai 2025, 08:00
Was haben → Florfliegen (Chrysopidae), → Ameisenlöwen (Myrmeleontidae) und → Schmetterlingshafte (Ascalaphidae) gemeinsam? Sie gehören zur Ordnung der → Netzflügler (Neuroptera), aus der bei uns etwa 120 Arten vorkommen. Während einige davon nur wenige Millimeter groß werden, erreichen beispielsweise manche erwachsene Florfliegen Flügelspannweiten von bis zu 35 Millimetern, Ameisenjungfern von bis zu 50 Millimetern. Kennzeichnend ist ihre netzartige Flügelstruktur.

Gefleckte Ameisenjungfer
(c) Istvan und Sabine Palfi/NABU-naturgucker.de
(c) Istvan und Sabine Palfi/NABU-naturgucker.de
Die Verbreitung der Netzflügler bei uns ist wenig untersucht, weshalb immer wieder neue Arten entdeckt werden und es auf Bundesebene nur eine provisorische Rote Liste gibt. Zudem sind noch viele offene Fragen zu ihrer Lebensweise offen. Im Sommer 2024 haben Spezialist*innen für das Rote-Liste-Zentrum einen Bestimmungskurs angeboten und darin Kenntnisse über Netzflügler, ihren Fang und die Bestimmung vermittelt. Da sich nur wenige Insektenforscher*innen mit dieser Ordnung beschäftigen, sollten mit dem Kurs weitere Personen dazu angeregt werden. Dabei wurden in dem niedersächsischen Untersuchungsgebiet zahlreiche Arten gefunden, die dort bislang noch nicht belegt waren. An drei Tagen und in einer insgesamt 14-stündigen Sammelzeit entdeckten die Teilnehmenden 24 Arten aus 4 Familien – und das bei ungünstiger, kühl-nasser Witterung. Untersucht wurden Wiesen, offene Flächen, Flussufer, Laub- und Nadelwälder. Lediglich zwei Arten waren zuvor im Portal "Neuropteren Deutschlands" hinterlegt. Diese Ergebnisse zeigen, dass Netzflügler in den untersuchten Ökosystemen nicht selten sind.[1]

Hainbuchen-Florfliege
(c) Hans Schwarting/NABU-naturgucker.de
(c) Hans Schwarting/NABU-naturgucker.de
Aus der Familie der Florfliegen leben rund 35 Arten in Europa. Mehrere Spezies sind einander in ihrem Aussehen so ähnlich, dass die Tiere allein anhand äußerer Merkmale nicht zu unterscheiden sind. Erwachsene Florfliegen sind dämmerungs- und/oder nachtaktiv. Sie ernähren sich von Pollen und Nektar sowie Honigtau. Exemplare der Gattung → Chrysopa machen jedoch, wie auch die meisten Larven der Familie, Jagd auf kleinere Insekten, Milben und Blattläuse. Bewohnt werden verschiedene Lebensräume mit niedriger und artenreicher Vegetation, zum Beispiel Laubwälder, Waldränder, Hecken sowie Parkanlagen und Gärten. Florfliegen-Larven werden auch als „Blattlauslöwen“ bezeichnet, da sie täglich bis zu 50 Blattläuse verspeisen und in ihrem Leben auf etwa 800 gefressene Blattläuse kommen.

Larve der Gewöhnlichen Ameisenjungfer
(c) Thilo Bruder/NABU-naturgucker.de
(c) Thilo Bruder/NABU-naturgucker.de
Rund 11 Arten der Ameisenjungfern kommen in Mitteleuropa vor. Mit ihrem langen, schmalen Körperbau und 2 Paaren weitgehend gleich gestalteter Flügel ähneln sie den Kleinlibellen. Anders als diese haben sie jedoch kräftige keulenförmige Fühler. Ameisenjungfern bevorzugen sehr trockene Lebensräume und sind hauptsächlich an sandigen oder steinigen Stellen mit geringer Vegetation zu finden. Erwachsene Individuen sind vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv und ernähren sich überwiegend von anderen Insekten, die sie im Flug erbeuten. Mitunter nehmen sie Nektar und Pollen auf. Am auffälligsten sind die trichterbauenden Larven, bekannt als Ameisenlöwen. Die vornehmlich tagaktiven Larven sind besonders in von der Sonne beschienenen und vor Regenfällen geschützten Arealen wie Sandabbrüchen, Höhleneingängen, Sohlen von Felsüberhängen und Standorten unter Wurzeln und an Hausmauern zu finden. Bei einigen Arten bewegen sich die Larven frei und gehen aktiv auf Beutefang. Zu ihren Beutetieren gehören unterschiedliche Spezies kleiner Insekten und Spinnen, vereinzelt sogar Schnecken und Regenwürmer, also keineswegs ausschließlich Ameisen. Alle heimischen Spezies der Ameisenjungfern sind selten, da allzu oft ihre Lebensräume zerstört werden. In vielen Fällen reicht schon eine sehr kleine, sonnenexponierte und regengeschützte Fläche, damit die Larven ihre Trichter bauen können, zum Beispiel am Fuß südexponierter Hauswände.