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Wasserressourcen und Biodiversität in Süßwasserökosystemen nehmen ab
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 10. Jan 2025, 08:10
Deutschland gilt als ein (vergleichsweise) wasserreiches Land. Doch auch bei uns steht das Wasser, die Grundlage aller Lebewesen und von Ökosystemen wie Fließgewässern, Seen und Feuchtgebieten, unter Druck. Übernutzung, Verschmutzung und Klimawandel gefährden die unverzichtbare Ressource sowie die Biodiversität und die Ökosystemleistungen von Gewässern.
Bernauer Achen in Bayern, (c) Margot Stosch, NABU-naturgucker.de
Klimaprojektionen zufolge steigt die Jahresmitteltemperatur in Deutschland deutlich, und die Niederschlagsmengen verschieben sich vom Sommer in den Winter. Niedrigwasserstände, regionale Wasserknappheit und Nutzungskonflikte gehören zu den Folgen, die wir bereits erleben. Mit der aktuellen und künftigen Wasserverfügbarkeit sowie mit Lösungsstrategien beschäftigt sich das Projekt → „Auswirkung des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit − Anpassung an Trockenheit und Dürre in Deutschland“ (WADKlim) des Umweltbundesamts. Es geht darum, die Wasserressourcen nachhaltiger zu nutzen. Das lässt sich unter anderem erreichen, indem der Wasserrückhalt verbessert, die Wassereffizienz gefördert und das kostbare Gut standortangepasst wiederverwendet wird, beispielsweise in Städten. Natürliche Ökosysteme sollen auch in der wasserwirtschaftlichen Gesamtbetrachtung eine stärkere Rolle einnehmen.[1]
Renaturierung eines Sees in Hessen, (c) Hans Schwarting/NABU-naturgucker.de
Herausforderungen und Lösungen werden ebenfalls im jüngst erschienenen → Wasseratlas 2025 von Heinrich-Böll-Stiftung und Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) thematisiert. 121 Liter haben wir in Deutschland täglich und pro Kopf im Jahr 2023 verbraucht. Den größten Anteil haben Körperpflege (43,6 Liter) und Toilettenspülung (32,7 Liter). Nur 4,8 Liter verwenden wir direkt für unsere Ernährung. Gegenüber 1991 hat der durchschnittliche Verbrauch um 23 Liter abgenommen. Abgenommen hat auch die verfügbare Wassermenge: Seit der Jahrtausendwende haben wir rechnerisch das Wasservolumen des Bodensees, des größten Sees in Deutschland und einer der größten Seen in Europa, verloren. Das entspricht 2,5 Kubikkilometer Wasser pro Jahr. Niederschläge fließen durch verdichtete und versiegelte Böden schneller ab, als sie das Grundwasser speisen können. Gegenmaßnahmen wie Schwammstädte, Renaturierung von Mooren und Auen, nachhaltige Landwirtschaft und wasserschonende Industriepraktiken werden vorgestellt. Gefordert sind ein Umdenken und politisches Handeln, um sparsamer und gerechter mit dem Wasser umzugehen.[2]
Libelle des Jahres 2025: Gebänderte Heidelibelle, in Deutschland stark gefährdet, (c) Jens Winter/NABU-naturgucker.de
Wie es um die Biodiversität in Süßwasserökosystemen steht, hat eine globale Bewertung der Süßwasserfauna für die International Union for Conservation of Nature (IUCN) gezeigt. Erstmals wurden Artengruppen bewertet, die ausschließlich im Süßwasser leben. Demnach ist ein Viertel von 23.496 untersuchten → Zehnfußkrebsen (Decapoda), Fischen und → Libellen (Odonata) vom Aussterben bedroht. Umweltverschmutzung, Staudämme, Wasserentnahme, Landwirtschaft, invasive Arten sowie Überfischung sind die häufigsten Gefährdungen. Meist entsprechen die für die Erhaltung der Landwirbeltiere ermittelten globalen Prioritätsregionen denen der Süßwasserfaunen. Angesichts der Unterschiede bei den wichtigsten Bedrohungen und Lebensräumen reicht es aber laut den Forschenden nicht aus, deren Bedürfnisse zu erfüllen, um Süßwasserarten auf lokaler Ebene zu erhalten. Schnelles Handeln ist notwendig. Auch Forschung und Monitoring müssen ausgeweitet werden, um bessere Kenntnisse über die Bedürfnisse und Bedrohungen der Arten zu erlangen. Dabei stellen Citizen Science-Programme eine Lösung dar, da die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel den großen Bedarf an Daten nicht decken.[3]
[2] → Umweltbundesamt Heinrich-Böll-Stiftung und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) (Januar 2025): Wasseratlas 2025 – Daten und Fakten über die Grundlage allen Lebens
[3] Sayer, C.A., Fernando, E., Jimenez, R.R. et al. One-quarter of freshwater fauna threatened with extinction. Nature (2025). DOI: → 10.1038/s41586-024-08375-z