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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Ameisen kooperieren in größeren Gruppen besser als Menschen
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 3. Jan 2025, 08:00
Rund 10.000 Arten von → Ameisen (Formicidae) sind weltweit bekannt; bis zu 15.000 Arten soll es geben. Alle Ameisenarten bilden Staaten und leben in einem Kastenwesen aus Geschlechtstieren und Arbeiterinnen. Arbeiterinnen können wiederum in Subkasten, beispielsweise Soldatinnen, aufgeteilt sein und sich in Körpergrößen, Kopfumrissen und relativen Kopfgrößen unterscheiden. Zur Kommunikation nutzen Ameisen vorwiegend Duftstoffe. Arbeitsteilung und Austausch sind für das Überleben der Staaten essenziell.
Paratrechina longicornis auf den Kanaren, (c) Michael Kunde/NABU-naturgucker.de
Wie gut die Zusammenarbeit im Vergleich zum Menschen funktioniert, haben Forschende mit einem vergleichbaren Versuchsaufbau herausgefunden. Ameisen der weltweit verbreiteten Art → Paratrechina longicornis mussten ebenso wie Menschen einzeln, in einer kleinen oder einer größeren Gruppe einen T-förmigen Gegenstand durch zwei hintereinander liegende Durchgänge transportieren. Dabei schnitten die Ameisen in der größeren Gruppe am besten ab. Sie können effektiv zusammenarbeiten und die Aufgabe durch kollektive Bewegungen lösen. Bei den Menschen zeigte sich eine solche Leistungssteigerung mit der Gruppengröße dagegen nicht – im Gegenteil waren ihre Ergebnisse sogar schlechter, wenn ihre Kommunikationsmöglichkeiten im Versuch eingeschränkt wurden. Eine einzelne Person kann die Aufgabe kognitiv gut lösen, aber einer effizienten Gruppenleistung stehen zwischenmenschliche Unterschiede im Weg. Laut den Forschenden sind einfacher strukturierte Gehirne wie die der Ameisen leicht skalierbar, während komplexe Gehirne wie beim Menschen eine umfangreiche Kommunikation benötigen, um effizient zu kooperieren.[1]
Wie Ameisen den Transport einer Last abstimmen, hat eine Forschungsgruppe vom gleichen Institut im Jahr 2018 veröffentlicht: Sie kommunizieren über die Kräfte, die sie auf die Last ausüben. Ameisen, die vorne tragen, geben eher die Richtung vor, während die hinten laufenden Ameisen eher heben. Ermittelt haben das die Forschenden mit Videoaufnahmen von lastentragenden Ameisen und physikalischen Modellen von Vielteilchensystemen. Dabei befanden sich die Ameisen in der Nähe des Übergangs zwischen unkoordinierter und koordinierter Bewegung. Die Gruppe profitierte sowohl von der internen Koordination als auch von ihrer Reaktionsfähigkeit auf externe Informationen, die von individuell handelnden Anführerameisen vermittelt wurden. Diese korrigierten bei Bedarf die Richtung durch eigenes Anpacken, sodass die Last auf dem nahezu kürzesten Weg zum Nest transportiert wurde.[2]
[1] T. Dreyer, A. Haluts, A. Korman, N. Gov, E. Fonio, O. Feinerman, Comparing cooperative geometric puzzle solving in ants versus humans, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 122 (1) e2414274121. DOI: → 10.1073/pnas.2414274121
[2] Feinerman, O., Pinkoviezky, I., Gelblum, A. et al. The physics of cooperative transport in groups of ants. Nature Phys 14, 683–693 (2018). DOI: → 10.1038/s41567-018-0107-y