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Nachweis der Orientalischen Hornisse zeigt Bedeutung von Citizen Science

Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 27. Sep 2024, 08:05
Deutschland ist um eine wärmeliebende Art reicher. Auf dem Meldeportal von NABU|naturgucker wurde kürzlich der mit einem Foto dokumentierte Erstnachweis einer Beobachtung der → Orientalischen Hornisse (Vespa orientalis) erbracht. Dabei hat die Finderin das Tier zunächst als → Asiatische Hornisse (Vespa velutina) gemeldet – also bereits als Neubürgerin unter den Hautflüglern erkannt und von unserer heimischen Europäischen Hornisse (Vespa crabro) unterschieden.
Originalbild des fotografischen Erstnachweises der Orientalischen Hornisse für Deutschland auf NABU-naturgucker.de
Originalbild des fotografischen Erstnachweises der Orientalischen Hornisse für Deutschland auf NABU-naturgucker.de
Mit Hilfe einer Bestimmungs-App hatte sie das ungewöhnlich aussehende Tier, das am 31.08.2024 in einem Mannheimer Garten in Gesellschaft anderer Hornissen aufgetaucht war, der asiatischen Art zugeordnet. Da die Beobachtungsdaten zusammen mit einem Belegbild auf dem Portal veröffentlicht worden waren, reagierte die NABU|naturgucker-Community schnell mit Hinweisen zur korrekten Bestimmung und einigem Erstaunen: Denn bisher lagen für Deutschland noch keine solchen Belege von Funden der Orientalischen Hornisse vor.
Heimisch ist sie in einem Gebiet, das sich von Südost-Europa und Nordafrika über den Nahen und Mittleren Osten bis an den Rand des Himalaya erstreckt. Den Flug durch Wüsten meistert sie mittels beeindruckender Biotechnologie: Ihr Hinterleib besitzt photoelektrische Eigenschaften und kann als Wärmepumpe zum Absenken der Körpertemperatur eingesetzt werden.
Im Jahr 2021 entdeckten Entomologen bereits ein neues Vorkommen der Art in der südfranzösischen Stadt Marseille, das auf Einschleppung zurückgeführt wird. Ob das von der deutschen Naturbeobachterin gesehene Individuum eingeschleppt wurde oder selbst eingewandert ist, lässt sich nicht sagen. Auch das Geschlecht des Tieres ist anhand des Belegfotos nicht eindeutig identifizierbar. Interessant ist diese Frage in Bezug auf die Etablierung der Art: Werden befruchtete Königinnen verschleppt, so wären diese in der Lage, einen Staat zu gründen und sich hier zu vermehren.
Welche Auswirkungen eine Etablierung der Orientalischen Hornisse auf hiesige Ökosysteme hätte, wird sich, wie bei der Asiatischen Hornisse auch, nur mit der Zeit durch weitere Beobachtung und Forschung beschreiben lassen. Es sind noch viele Fragen offen zu ihrem Ernährungs- und Fortpflanzungsverhalten und wie sich beides unter neuen Lebensraumbedingungen anpassen wird. Doch gebietsfremde Arten, die in keinem unserer Lebensräume a priori zu erwarten sind, stellen für die Wissenschaft Nadeln im ökologischen Heuhaufen dar – sie sind mit der gegebenen personellen Kapazität nicht gezielt beobachtbar. Beim Erstnachweis der Orientalischen Hornisse kann dagegen von einem Zufallsfund gesprochen werden. Es handelt sich allerdings um einen Zufall, der systematisch unter der Voraussetzung einer stetigen Aktivität zehntausender ehrenamtlich engagierter Naturbeobachter*innen eintritt. Das Beispiel zeigt, wie wichtig Citizen Science für ein flächendeckendes Monitoring unserer Artenvielfalt und ihrer dynamischen Veränderungen ist.

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