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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Kleinste und größte Lebewesen haben die meiste Biomasse an Land
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 30. Aug 2024, 07:50
Wie verteilen sich eigentlich die Lebewesen bezogen auf ihre Biomasse auf der Erde und im Meer? 1972 veröffentlichten amerikanische Forschende eine Studie über die Vorkommen von Meeresplankton an etwa 80 Messstellen im Atlantik und Pazifik. An jeder war die Gesamtbiomasse aller Individuen ungefähr gleichmäßig über logarithmische Größenklassen verteilt. Daraus leiteten sie die Hypothese ab, dass bei allen Partikelgrößen, von Bakterien bis zu Walen, ungefähr gleiche Konzentrationen der Biomasse auftreten.

Schwertwale vor Island
(c) Carsten Sekula/NABU-naturgucker.de
(c) Carsten Sekula/NABU-naturgucker.de
Bezeichnet wird das als Sheldonsche Größenspektrum-Theorie.[1] Weitere Studien haben die Hypothese bestätigt, allerdings jeweils auf regionaler Ebene. Ein internationales Forschungsteam hat sie im globalen Maßstab untersucht. Bezogen auf einen unberührten Zustand vor dem industriellen Fang von Fischen und Meeressäugern ab 1850 stellten sie fest, dass die Biomasse in den meisten der untersuchten 12 Größenklassen erstaunlich konstant ist. Bakterien und große Meeressäuger liegen jedoch deutlich über bzw. unter dem Wert. Im oberen Drittel des Spektrums, beginnend bei Fischen ab einer Masse von 10 Gramm, zeigen sich heute deutlich die menschlichen Einflüsse, die das gesamte Größenspektrum erheblich verändert haben.[2]

Chromatium okenii (Bakterien)
(c) Josef Alexander Wirth/NABU-naturgucker.de
(c) Josef Alexander Wirth/NABU-naturgucker.de
Kanadische und amerikanische Forschende haben die heutigen globalen Körpergrößen-Biomasse-Spektren für die terrestrischen, marinen und unterirdischen Lebensräume zusammengestellt. An Land ist die Biomasse nicht wie im Meer gleichmäßig über alle Größenklassen verteilt, sondern bimodal. Die kleinsten und die größten Lebewesen machen hier den Großteil der Biomasse aus. An Land haben große Organismen zudem einen größeren Anteil an der Gesamtbiomasse als im Meer. Außerdem zeigte sich, dass viele biologische Gruppen ähnliche Bereiche der Körpergröße aufweisen und nicht eine einzelne Gruppe einen Größenbereich dominiert. Verschiedene Organismen erreichen die unteren und oberen Grenzen in der Größe. Weitere Forschung zu den globalen Beziehungen zwischen Körpergröße und Biomasse ist notwendig, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen.[3]
[1] Sheldon R. W., Prakash A., Jr. Sutcliffe W. H., (1972), The size distribution of particles in the ocean, Limnology and Oceanography, 17. DOI: → 10.4319/lo.1972.17.3.0327
[2] Ian A. Hatton et al., The global ocean size spectrum from bacteria to whales. Sci. Adv.7, eabh3732 (2021). DOI: → 10.1126/sciadv.abh3732
[3] Tekwa EW, Catalano KA, Bazzicalupo AL, O’Connor MI, Pinsky ML (2023) The sizes of life. PLOS ONE 18(3): e0283020. DOI: → 10.1371/journal.pone.0283020