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Mönchsgrasmücken zieht es im Winter auf die Insel

Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 6. Sep 2024, 08:00
Meist ernähren sich → Mönchsgrasmücken (Sylvia atricapilla) von Insekten und Spinnen, doch im Sommer und Herbst mögen sie es auch süß: Dann stehen Beeren und Früchte bei ihnen hoch im Kurs. Besonders beliebt sind die Beeren des → Schwarzen Holunders (Sambucus nigra), auf die auch dutzende weitere Vogelarten abfliegen.
Mönchsgrasmücke, (c) Jutta Trentz/NABU-naturgucker.de
Mönchsgrasmücke
(c) Jutta Trentz/NABU-naturgucker.de
Die kalorienreichen Früchte liefern ihnen die Energie, um im Oktober die Reise in die Winterquartiere anzutreten. Als Kurz- und Mittelstreckenzieher überwintern Mönchsgrasmücken in Südeuropa und Nordafrika. Seit Ende der 1960er-Jahre zieht es viele von ihnen jedoch in die entgegengesetzte Richtung – nach Großbritannien und Irland. Untersuchungen zufolge stammen die im Winter in den englischen Gärten beobachteten Mönchsgrasmücken aus Brutgebieten in ganz Europa. Ihre Verhaltensweisen wurden an fast 60 Standorten mit mehr als 600 farbig markierten Individuen dokumentiert. So konnten Bürger*innen die einzelnen Tiere an den Fütterungen leicht identifizieren und mit ihren Meldungen zur Erforschung beitragen.[1]
Mönchsgrasmücke, (c) Udo Krupka/NABU-naturgucker.de
Mönchsgrasmücke
(c) Udo Krupka/NABU-naturgucker.de
Im Vergleich zu den Überwinterern am Mittelmeer, die sich hauptsächlich von Obst ernähren und auf der Suche nach Nahrungsquellen umherziehen, sind die Vögel in Großbritannien relativ standorttreu. Sie hatten zudem kleinere Fettreserven, längere Schnäbel und rundere Flügelspitzen. Vor allem bei rauem Wetter wurden sie in Gärten beobachtet; sie ernährten sich nicht ausschließlich an den Fütterungen. Meist blieben sie bis zu ihrem Abflug im Frühjahr in den Gärten. Etwa 10 Tage früher als die Artgenossen aus den südlichen Gefilden flogen sie zurück in ihre Brutgebiete. Vermutlich durch die zusätzliche Fütterung hat sich das Überwinterungsverhalten der Mönchsgrasmücke verändert und hat sogar Einfluss auf die morphologische Entwicklung der Vögel. Während viele Zugvogelarten Schwierigkeiten mit den vom Menschen ausgelösten klimatischen Veränderungen haben, nimmt die Zahl der Mönchsgrasmücken zu. Laut → Nationalem Vogelschutzbericht 2019 brüten bis zu 6,15 Millionen Brutpaare in Deutschland. Sowohl im Kurzzeit- als auch im Langzeittrend seit 1980 steigt ihre Zahl deutlich.[2]
Mönchsgrasmücke im Januar in Deutschland, (c) Sonja Klein/NABU-naturgucker.de
Mönchsgrasmücke im Januar in Deutschland
(c) Sonja Klein/NABU-naturgucker.de
Auch in Deutschland überwintern einige Mönchsgrasmücken. Auf unserem Meldeportal → NABU-naturgucker.de werden Beobachtungen überwiegend zwischen Mitte März und Mitte Oktober eingetragen. Zwischen November und Ende Februar waren es in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich jeweils rund 100 Beobachtungen. Weitere Beobachtungen, ob nun jetzt im Herbst oder tatsächlich im Winter, sind sehr erwünscht und tragen zur weiteren Erforschung des Verhaltens und der Verbreitung der Tiere bei.

[1] Van Doren, B.M., Conway, G.J., Phillips, R.J., Evans, G.C., Roberts, G.C.M., Liedvogel, M. and Sheldon, B.C. (2021), Human activity shapes the wintering ecology of a migratory bird. Glob Change Biol, 27: 2715-2727. DOI: → 10.1111/gcb.15597

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