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Auf der Suche nach Fledermäusen
Siebert, Ina [Ina Siebert2], Schulemann-Maier, Gaby [Gaby Schulemann-Maier] - 14. Jun 2024, 07:35
Bislang sind in diesem Jahr auf → NABU-naturgucker.de 300 Beobachtungen von Fledermäusen für Deutschland eingetragen – weitere Meldungen sind sehr willkommen! Einzelne Sichtungen mit Belegbildern erfolgten bereits an milden Tagen im Januar und Februar, obwohl Fledermäuse üblicherweise bis Ende März Winterschlaf halten. Jetzt im Juni und Juli ziehen die Weibchen ihren Nachwuchs in den Wochenstuben groß, während die Männchen meist Einzelgänger sind.

Großer Abendsegler in Nordrhein-Westfalen
(c) Torsten Nienaber/NABU-naturgucker.de
(c) Torsten Nienaber/NABU-naturgucker.de
25 Arten von Fledermäusen kommen in Deutschland vor. Weltweit sind es mehr als 1.400 Arten in der Gattung der → Fledertiere (Chiroptera).[1] Von der Großstadt bis zum Urwald sind sie in vielfältigen Lebensräumen zu finden, für die Nahrungssuche allerdings meist auf Wald oder Waldränder angewiesen. Heimische Fledermäuse ernähren sich ausschließlich von Insekten und Spinnen. Bedroht sind sie durch intensive Landwirtschaft, Pestizideinsatz, Rückgang der Insekten sowie den Verlust von Quartieren als Wochenstuben und für den Winter. Wer sich für Fledermäuse engagieren möchte, findet beim NABU beispielsweise Tipps für → fledermausfreundliche Gärten und zum → Bau von Fledermauskästen.

Bechsteinfledermaus in Bayern
(c) Hans Prün/NABU-naturgucker.de
(c) Hans Prün/NABU-naturgucker.de
In Baden-Württemberg führt die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt 2024 erstmals ein landesweites Monitoring durch, um Vorkommen, Aktivitätsdichten und Entwicklung der Fledermäuse zu dokumentieren. 23 Spezies sind im Land nachgewiesen. Ersten Ergebnissen zufolge sind alte Eichenwälder besonders reich an Arten und Individuen. Bei den Beobachtungen gibt es jahreszeitliche Schwerpunkte: So lässt sich die stark gefährdete → Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) besser im Frühsommer nachweisen, wenn sie bodennäher jagt, während → Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri) und → Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) im Spätsommer häufiger gesichtet werden, was vermutlich mit ihrem Zug zusammenhängt. Erfasst werden die Tiere über akustische Methoden und Netzfänge. Das Monitoring ist langfristig angelegt und soll auch Erkenntnisse über die Auswirkungen von Waldbewirtschaftung, Klimawandel und Standortbedingungen bringen, um geeignete Schutz- und Handlungsmaßnahmen abzuleiten.[2]

Alpenfledermaus auf Mallorca (Totfund)
(c) Harald Bott/NABU-naturgucker.de
(c) Harald Bott/NABU-naturgucker.de
Gute Nachrichten zu Fledermausvorkommen gab die Heinz Sielmann Stiftung Anfang dieses Jahres bekannt. In einem seit 2019 geschützten, naturnahen Laubwald auf der Schwäbischen Alb ist die extrem seltene → Alpenfledermaus (Pipistrellus savii) nachgewiesen worden. Zwischen 1951 und 2007 galt sie in Deutschland als ausgestorben. Ihre Vorkommen erstrecken sich von den Mittelmeerküsten bis in alpine Höhen von 3.300 Metern Höhe. Zunehmend wird die an Felsen gebundene Fledermaus in Städten beobachtet, was ihr eine Ausbreitung nach Norden ermöglichen könnte. Insgesamt wurden 19 Fledermausarten in dem 95 Hektar großen Waldgebiet nachgewiesen. Dazu gehört auch das → Graue Langohr (Plecotus austriacus), das auf der Roten Liste als vom Aussterben bedroht geführt wird. Deutschland ist für diese Spezies in hohem Maß verantwortlich, da die Population hier rund zehn Prozent des Gesamtbestands ausmacht. Sie besiedelt vor allem Kulturlandschaften. Reich strukturierte Wälder bieten den Fledermäusen Nahrung und Quartiere.[3]