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Kraniche verändern ihr Zugverhalten

Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 5. Apr 2024, 09:05
Seit Jahrtausenden faszinieren → Kraniche (Grus grus) die Menschen zahlreicher Kulturen. Vor einem massiven Bestandsrückgang hat sie das dennoch nicht bewahrt: In den 1970er-Jahren gab es in Deutschland nur noch 800 Brutpaare. Nationale und internationale Schutzbemühungen haben dazu geführt, dass bei uns inzwischen wieder rund 10.000 Kranichpaare brüten. Auch ihr europäischer Bestand wächst und wird in der Roten Liste der Vögel Europas auf rund 362.000 Tiere geschätzt.
Kraniche am 16. März 2024 in Niedersachsen, (c) Rolf Jantz/NABU-naturgucker.de
Kraniche am 16. März 2024 in Niedersachsen
(c) Rolf Jantz/NABU-naturgucker.de
Das große Verbreitungsgebiet der Kraniche reicht von Nord- und Mitteleuropa bis nach Ostsibirien. Bedeutende Populationen gibt es in Norwegen, Schweden, Finnland, Russland, dem Baltikum und Polen. In Deutschland brüten sie insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Niedersachsen. Ihr Lebensraum sind Feuchtgebiete und Moore. Besonders viele Kraniche können wir zu den Zugzeiten erleben, wenn ein Großteil der europäischen Kraniche mit trompetenartigen Rufen und in V-Formation über Deutschland hinweg fliegt und hunderttausende Vögel hier rasten, um ihre Fettreserven aufzufüllen.
Kraniche am 8. Februar 2024 über Sachsen, (c) Istvan und Sabine Palfi/NABU-naturgucker.de
Kraniche am 8. Februar 2024 über Sachsen
(c) Istvan und Sabine Palfi/NABU-naturgucker.de
Zugrouten und -zeiten verändern sich. Ende Januar haben in diesem Jahr die ersten Kraniche ihre Winterquartiere in Südeuropa verlassen. Mitte März sind bereits etliche Brutpaare in ihren Revieren angekommen, und Ende des Monats ist der Frühjahrszug abgeklungen. Dann beginnen die Paare mit der Brut. Für 2024 geht der NABU von einem guten Kranichjahr aus. Durch die in weiten Teilen des Landes, insbesondere in Norddeutschland, überdurchschnittlichen Regenmengen der vergangenen Monate sind die Wasserstände in Auwäldern und Sumpfgebieten hoch. Damit können sich Vögel besser vor Fressfeinden schützen. Zudem könnte die Feuchtigkeit zu einem guten Nahrungsangebot führen.[1]
Kraniche am 16. Januar 2024 in Niedersachsen, (c) Frank Hoffmann/NABU-naturgucker.de
Kraniche am 16. Januar 2024 in Niedersachsen
(c) Frank Hoffmann/NABU-naturgucker.de
Einige Kraniche verbringen den inzwischen Winter in Deutschland: Auf rund 10.000 wird ihre Zahl in der norddeutschen Tiefebene geschätzt. Ist es doch einmal kalt und schneit, macht ihnen das in der Regel nichts aus. Meldungen der Vögel auf → NABU-naturgucker.de oder über die → Web-App Kranichzug helfen Naturschützenden und Forschenden dabei, das Fluggeschehen und die Flugrouten sowie ihre Veränderungen zur verfolgen. Wichtig beim Beobachten von Kranichen ist ein großer Abstand von mehreren hundert Metern, denn sie sind scheu und sollen während des kräftezehrenden Flugs nicht beunruhigt werden.
Kraniche auf dem Zug über Thüringen am 18. Februar 2024, (c) Jens Winter/NABU-naturgucker.de
Kraniche auf dem Zug über Thüringen am 18. Februar 2024
(c) Jens Winter/NABU-naturgucker.de
Etwa die Hälfte der Strecke legen sie flügelschlagend zurück. Bietet ihnen die Thermik die Möglichkeit zu energiesparenderem Gleitflug, nutzen sie diese. Mit ihren Flugtechniken hat sich ein internationales Forschungsteam genauer beschäftigt. Hierfür haben sie 44 Kraniche mit Sendern ausgestattet und über vier Jahre auf ihrem transkontinentalen Zug verfolgt. Anhand der hochauflösenden biologischen Daten konnten die Forschenden zeigen, dass Kraniche über dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer bei entsprechender Thermik ebenso in den Gleitflug wechseln wie über Land. Beobachten ließ sich das vor allem im Herbst, wenn nach Wirbelstürmen in den mittleren Breiten große Temperaturunterschiede zwischen Wasser und Luft auftraten. Die Forschenden gehen davon aus, dass auch Vertreter anderer Vogelarten die sporadischere Thermik über dem Meer nutzen können, um vom Schlag- in den Gleitflug zu wechseln.[2]

[2] Pekarsky Sasha, Shohami David, Horvitz Nir, Bowie Rauri C. K., Kamath Pauline L., Markin Yuri, Getz Wayne M. and Nathan Ran 2024. Cranes soar on thermal updrafts behind cold fronts as they migrate across the sea. Proc. R. Soc. B. 291: 20231243. DOI: → 10.1098/rspb.2023.1243

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