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Wie Bartenwale ihre Gesänge produzieren

Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 23. Feb 2024, 08:40
Bartenwale haben im Gegensatz zu den Zahnwalen keine Zähne, sondern Hornplatten, die vom Oberkiefer herabhängen und an der Innenseite haarartige Fransen tragen. Nehmen sie Wasser in ihre stark dehnbaren Kehlfalten auf und drücken es wieder heraus, bleibt Nahrung an diesen Barten wie in einem Sieb hängen. Zu den Bartenwalen gehören die → Glattwale (Balaenidae), die → Grauwale (Eschrichtiidae) und die → Furchenwale (Balaenopteridae).
Grauwal in Mexiko, (c) Klaus Ewald/NABU-naturgucker.de
Grauwal in Mexiko
(c) Klaus Ewald/NABU-naturgucker.de
Viele männliche Bartenwale singen Lieder mit Melodie, Rhythmus und wiederkehrenden Strophen. Sie dienen der Kommunikation und werden stetig weiterentwickelt. Als komplexeste Gesänge gelten die der → Buckelwale (Megaptera novaeangliae). Allerdings singen die Männchen nicht immer, um Weibchen anzulocken und zu beeindrucken. Manche kämpfen stattdessen mit anderen Männchen. Anhand eines Datensatzes über 18 Jahre haben australische Forschende untersucht, wie sich die Paarungsstrategien mit dem Anwachsen der Population verändert haben. In den 1960er-Jahren war der ostaustralische Bestand der Tiere fast ausgerottet. Von 1997 bis 2015 stieg ihre Zahl von 3.700 auf 27.000. Während sich zunächst vor allem singende Männchen erfolgreich paarten, waren es bei steigenden Zahlen der Tiere vor allem diejenigen, die nicht sangen. Da der Gesang auch andere Männchen anzieht, die dann ebenfalls singen, reduzieren stille Wale womöglich die Konkurrenz. Damit zeigt die Studie, dass die Buckelwale ihre Paarungsstrategien an lokale Veränderungen und die Populationsdichte anpassen können, was womöglich auch zur Erholung ihrer Bestände beigetragen hat.[1]
Buckelwal in Island, (c) Hanns-Jürgen Roland
Buckelwal in Island
(c) Hanns-Jürgen Roland/NABU-naturgucker.de
Wie Bartenwale ihre Gesänge unter Wasser überhaupt produzieren können, haben europäische Forschende anhand von detaillierten Untersuchungen verendeter Wale und mit Computermodellen herausgefunden. Demnach haben sie einzigartige Kehlkopfstrukturen für die Tonerzeugung. Der Kehlkopf ist der oberste Teil der Luftröhre von lungenatmenden Wirbeltieren. Hier werden außer bei den Vögeln Laute und Stimme gebildet, indem ausgeatmete Luft die Stimmbänder in Schwingungen versetzt. Bei Bartenwalen ist der Kehlkopf bedingt durch ihr Leben unter Wasser anders gebaut, und ein Fettpolster schwingt im Luftstrom. Damit können sie niederfrequente Rufe erzeugen. Ihr Maximum erreichen sie bei 300 Hertz, womit sie im gleichen Bereich kommunizieren, in dem auch der Lärm von Schiffen tönt. Zudem können sie nicht in Tiefen von mehr als 100 Metern singen, um den menschlichen Geräuschquellen zu entkommen. Das schränkt ihren aktiven Kommunikationsbereich stark ein.[2]

[1] Dunlop, R., Frere, C. Post-whaling shift in mating tactics in male humpback whales. Commun Biol 6, 162 (2023). DOI: → 10.1038/s42003-023-04509-7
[2] Elemans, C.P.H., Jiang, W., Jensen, M.H. et al. Evolutionary novelties underlie sound production in baleen whales. Nature (2024). DOI: → 10.1038/s41586-024-07080-1

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