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Saubere Gebirgsbäche für Bachforelle und Flussperlmuschel

Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 11. Aug 2023, 06:45
Bäche und Flüsse mit einer Gesamtlänge von 130.000 Kilometern wurden in Deutschland auf ihren ökologischen Zustand untersucht. Dazu wurden die Lebensgemeinschaften aus wirbellosen Tieren am Gewässerboden, Wasserpflanzen und am Gewässerboden haftenden Algen, schwebenden Algen sowie Fischen ermittelt. Nach einem Vergleich der Arten und ihrer jeweiligen Häufigkeit mit den Beständen, die natürlicherweise in den Bächen und Flüssen zu erwarten wären, erhielten nur 8 Prozent der Gewässer eine Bewertung als ökologisch gut oder sehr gut.
Naturschutzgebiet Riedboden in Mittenwald, (c) Nadine Röhnert/NABU-naturgucker.de
Naturschutzgebiet Riedboden in Mittenwald
(c) Nadine Röhnert/NABU-naturgucker.de
Ein ganzheitliches Schutz- und Nutzungskonzept für die europäischen Gewässer ist das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union. In Deutschland entwickeln die Bundesländer Bewirtschaftungspläne, um natürliche Gewässer wieder in einen guten oder sehr guten Zustand zu versetzen. Rund die Hälfte der Bäche und Flüsse ist erheblich verändert oder künstlich. Für sie gilt das Ziel eines guten ökologischen Potenzials. Umgesetzt werden sollen die Vorgaben bis 2027, nachdem sie 2021 nicht erreicht worden sind.[1]
Bachforelle, (c) Alexander Wirth/NABU-naturgucker.de
Bachforelle
(c) Alexander Wirth/NABU-naturgucker.de
Mit der Aktion „Gewässertyp des Jahres“ will das Umweltbundesamt auf die ökologische Bedeutung der Gewässer und ihre Schutzwürdigkeit aufmerksam machen. 25 Fließgewässer-, 14 Seentypen und 11 Typen für Küsten- und ⁠Übergangsgewässer⁠ werden in Deutschland unterschieden.[2] 2023 trägt der Mittelgebirgsfluss den Titel. Es sind Flüsse mit hoher Dynamik, die Schotter, Gesteine und Kiese transportieren, Inseln und Nebengerinne bilden und ihr Aussehen bei jedem Hochwasser verändern. Sie sind nur noch selten natürlich. Zwei Drittel werden energetisch genutzt, und in ebenfalls zwei Dritteln sind die Nährstoffkonzentrationen zu hoch. Nur 3 Prozent sind dementsprechend in einem guten Zustand. 51 Prozent werden als mäßig bewertet, 38 Prozent als unbefriedigend und 8 Prozent als schlecht.[3]
Bachforelle, (c) Antje Pews/NABU-naturgucker.de
Bachforelle
(c) Antje Pews/NABU-naturgucker.de
In kalten, sauberen und sauerstoffreichen Gewässern mit einem Untergrund aus Gestein, Geröll und Kies lebt die → Bachforelle (Salmo trutta subsp. fario). Oberläufe von Bächen und Flüssen mit diesen Bedingungen bilden die Forellenregion, in der sie die Leitfischart ist. Sie reagiert empfindlich auf Verunreinigungen der Gewässer, weshalb ihr Vorkommen eine gute Qualität anzeigt. Im Böhmerwald beginnt im September 2023 ein dreijähriges, deutsch-tschechisches und von der Europäischen Union gefördertes Forschungsprojekt zu den lokalen Populationen der Bachforellen. Durch den sauren Regen in der Region waren die Gewässer jahrzehntelang so stark belastet, dass die Bachforellen hier ausstarben. Im Jahr 2021 wurden erste neue Vorkommen festgestellt. An 200 Standorten sollen die Fische auf ihren Zustand, ihre Gesundheit und ihre genetische Variabilität untersucht werden. Aus den Ergebnissen wollen die Forschenden geeignete Maßnahmen ableiten, um die Bachforelle und ihren Lebensraum in Bayern und Tschechien langfristig zu erhalten.[4]
Flussperlmuscheln, (c) Natural England/Michael Hammett 1996
Flussperlmuscheln
(c) Natural England/Michael Hammett 1996 (flickr)
Direkt abhängig von der Bachforelle und in Deutschland vom Aussterben bedroht ist die → Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera). Sie kommt in Bayern in nährstoff- und kalkarmen Bächen im Bayerischen Wald, im Fichtelgebirge und in der Rhön vor, außerdem im Vogelsberg, Thüringen, Sachsen, der Eifel und der Lüneburger Heide. Da Muscheln ihre Nahrung aus dem Wasser filtern, reagieren sie besonders empfindlich auf Verschmutzungen. Aus den befruchteten Eiern der Muschel entstehen kleine Larven (Glochidien), die sich für mehrere Monate an die Kiemen der Bachforelle heften. Fertig entwickelt vergraben sich die Jungmuscheln über mehrere Jahre im kiesigen Bachbett, das nicht verschlammen oder zu viele Nährstoffe haben darf. In Bayern soll die Flussperlmuschel 90 Prozent ihrer ursprünglichen Verbreitung verloren haben. Dort, wo sie noch vorkommt, sind es zu wenige Tiere, um den jeweiligen Bestand zu erhalten. Forschungs- und Erhaltungsprojekte laufen in Bayern seit den 1980er-Jahren. Jungmuscheln werden gezüchtet und ausgesetzt, um die Art in ihren Lebensräumen zu stärken.[5]


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