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Intensive Forschung zum Eschentriebsterben
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 4. Aug 2023, 07:20
In Deutschland gehört die → Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior) laut → Bundeswaldinventur 2012 zu den 11 häufigsten Baumarten, die 90 Prozent der Waldfläche ausmachen. Sie wächst in Laubmischwäldern mit nährstoffreichen und feuchten Böden. Hier wurzelt sie tief und kann bei optimalen Bedingungen Höhen von rund 40 Metern und ein Alter von 200 bis 300 Jahren erreichen.

Eschentriebsterben
(c) Olaf Strub/NABU-naturgucker.de
(c) Olaf Strub/NABU-naturgucker.de
Großflächig gefährdet ist die Esche in Deutschland sowie in dutzenden weiteren europäischen Ländern durch den aus Asien stammenden Pilz namens → Falsches Weißes Stängelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus). Während er die → Mandschurische Esche (Fraxinus mandshurica) in seiner Ursprungsregion nicht schädigt, dringt er bei der Gewöhnlichen Esche über die Blätter in die Triebe ein sowie in das Kambium, die Wachstumsschicht des Baums. Blätter und Triebe sterben ab, Kronen lichten sich bei der Eschentriebsterben genannten Krankheit.

Abgestorbene Gewöhnliche Eschen
(c) Carolin Zimmermann/NABU-naturgucker.de
(c) Carolin Zimmermann/NABU-naturgucker.de
Erstmals wurde der Pilz 2007 in Deutschland nachgewiesen. Junge Bäume sterben meist in wenigen Jahren ab, ältere Bäume können ihm einige Zeit widerstehen. Selbst in stark befallenen Beständen bleiben einzelne Bäume gesund, was auf genetische Faktoren zurückgeführt wird. Mit dem Erbgut derartiger Bäume hat beispielsweise das Thünen-Institut eine Samenplantage gepflanzt und weitere in Planung, um langfristig Saatgut mit höherer Resistenz zu erzeugen. Untersuchungen haben gezeigt, dass gesunde Eschen von anderen Mikroorganismen besiedelt werden als kranke, woraus eine Behandlung insbesondere von Sämlingen entwickelt werden könnte.[1] Programme zur Rettung der Esche in zahlreichen Ländern sollen die Art und ihre jeweiligen regionalen Anpassungen schützen.

Falsches Weißes Stängelbecherchen
(c) Dieter Gschwend/NABU-naturgucker.de
(c) Dieter Gschwend/NABU-naturgucker.de
Eine weitere Bedrohung für die heimischen Eschen-Bestände kann der zu den → Prachtkäfern (Buprestidae) gehörende und ebenfalls aus Asien stammende Käfer → Agrilus planipennis darstellen. Insbesondere in bereits geschwächten Eschen entwickeln sich seine Larven und töten dabei die Bäume. In Nordamerika sind Hunderte Millionen Eschen abgestorben, nachdem der Käfer dort vermutlich in den 1990er-Jahren eingeschleppt worden ist. 2003 wurde er im Westen Russlands entdeckt, 2019 in der Ukraine. Ein europäisches Forschungsteam hat jüngst festgestellt, dass Eschen, die gegen den Pilz resistent sind, auch gegenüber dem Käfer widerstandsfähiger sind. Käfer entwickelten sich hier langsamer und hatten ein geringeres Gewicht, was auf Abwehrstoffe in den Baumsäften zurückgeführt wird. Die Forschenden sehen diese Kreuzresistenz als Hoffnungsschimmer für die Esche und regen weitere Forschung zu Kreuzresistenzen von Pflanzen an.[2]
[1] → Johann Heinrich von Thünen-Institut: Eschentriebsterben: „Möglicherweise ein einziger Fruchtkörper…“, Interview von Heino Polley mit Ben Bubner
[2] Gossner, M.M., Perret-Gentil, A., Britt, E., Queloz, V., Glauser, G., Ladd, T., Roe, A.D., Cleary, M., Liziniewicz, M., Nielsen, L.R., Ghosh, S.K., Bonello, P. and Eisenring, M. (2023), A glimmer of hope – ash genotypes with increased resistance to ash dieback pathogen show cross-resistance to emerald ash borer. New Phytol. DOI: → 10.1111/nph.19068