
Wissen
Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Viele Zugvögel brüten weniger erfolgreich
Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 28. Jul 2023, 07:25
259 → Vogelarten (Aves) brüten regelmäßig in Deutschland. Von ihnen stehen 43 Prozent als bedroht auf der Roten Liste der Brutvögel aus dem Jahr 2021. Etwa die Hälfte der heimischen Vögel sind Zugvögel, die in der kälteren Jahreszeit in wärmere Regionen Südeuropas oder Afrikas mit einem besseren Nahrungsangebot ziehen. Dafür überwintern Arten aus dem Norden und Osten in Deutschland oder sind hier während ihres Zugs zu beobachten.

Langstreckenzieher: Kuckuck
(c) Ulrich Köller/NABU-naturgucker.de
(c) Ulrich Köller/NABU-naturgucker.de
Langstreckenzieher finden in ihren tropischen Winterquartieren in der Regel ausreichend Nahrung. Um dort erfolgreich zu brüten, würde sie jedoch nicht genügen. Außertropische Regionen sind in den warmen Monaten reicher an verfüg- und verzehrbaren → Insekten (Insecta). Zudem sind die Tage je nach geografischer Breite deutlich länger, sodass die Vögel mehr Zeit für die Aufzucht des Nachwuchses haben. Rund 80 heimische Arten gehören zu den Langstreckenziehern. Sie brüten etwa zwischen April und August bei uns und haben ihren Rhythmus kaum verändert.[1]

Kurzstreckenzieher: Kiebitz, hier rund 3.000
(c) Jürgen Podgorski/NABU-naturgucker.de
(c) Jürgen Podgorski/NABU-naturgucker.de
Zeitlich und räumlich kürzer verlassen die rund 40 Arten von Kurzstreckenziehern Deutschland. Sie halten sich etwa zwischen Herbst und Frühlingsanfang, teils nur bis Februar, in Westeuropa oder im Mittelmeerraum auf.[2] Wann sie ziehen, bestimmt auch die aktuelle Wetterlage. Mit einer frühen Rückkehr können sie zwar gute Brutreviere besetzen, bei einem Kaltlufteinbruch jedoch den Nachwuchs verlieren. Von den Standvögeln und Teilziehern, die ganzjährig in Mitteleuropa bleiben, stellen viele im Winter ihre Ernährung von Insekten auf Beeren und Samen um.

Standvogel: Erlenzeisig, im Winter kommen Tiere aus dem Norden hinzu
(c) Carolin Zimmermann/NABU-naturgucker.de
(c) Carolin Zimmermann/NABU-naturgucker.de
Zahlreiche Studien haben die Veränderungen des Zugverhaltens und des Brutbeginns von Vögeln untersucht. Wie sich der Klimawandel auf den Bruterfolg auswirkt, war Gegenstand einer Auswertung von Daten aus einem Zeitraum von 1970 bis 2019. Fast 750.000 Gelege von 201 Populationen und 104 Arten sowie lokale Temperaturen und die Lebensweise der Vögel wurden betrachtet. 57 Prozent der Populationen hatten weniger Nachwuchs. Überwiegend waren dies ziehende und größere Arten. Dagegen nahm der Bruterfolg bei 43 Prozent der Populationen, meist kleineren und sesshaften Arten mit mehren Jahresbruten, bei steigenden Temperaturen zu. Diese Arten könnten vom Klimawandel profitieren.[3]
[3] Lucyna Halupka, Debora Arlt, Jere Tolvanen et. al.: The effect of climate change on avian offspring production: A global meta-analsysis. PNAS Vol. 120, No. 19. DOI: → 10.1073/pnas.2208389120